„Ich hab‘ Dir nie gesagt, dass Du mir fehlst.
Ich hab‘ doch nie gesagt, dass Du mir fehlst.
Du fehlst mir“ (die ärzte – nie gesagt)

 

Hallo meine lieben Freunde,

nun am nächsten Tag ging es gleich in der Früh weiter mit meinem Plan. Meine Eltern durften meinen Alltag von den letzten drei Monaten erleben, d.h. wir sind gleich morgens ins Heim.

Mr.Vy erwartete uns schon und die Kinder freuten sich wieder uns zu sehen. Am Anfang sangen wir wie gewohnt „Hello teacher“. Am Anfang standen meine Eltern interessiert, aber mit etwas Abstand am Rand. Die Kids gingen dann aber ganz locker auf sie zu und nahmen sie an die Hand. Sie kannten zwar „Hello teacher“ nicht, aber bei „Head and shoulders“ und „If you happy“ waren dann auch sie mit dabei. Danach haben wir weiter zusammen Musik gemacht und meine Eltern konnten sich mal genauer und den Kreativraum und vor allem auch die ganzen kreativen Werke ansehen. Obwohl ich mit Trommeln beschäftigt war, konnte ich aus dem Augenwinkel gut erkennen, dass sie sehr beeindruckt davon waren, was die Kinder gebastelt haben. Für meine letzte Stunde mit den Kindern habe ich mir nichts Genaueres überlegt, also konnte sich im Grunde jeder frei beschäftigen. Ngân nutzte die Zeit und fuhr mit einem der Fahrgeräte, Giang knetete, Hoa las, So’n und Hu’o’ng haben mit mir die nun endlich vollständig trockenen Pappmaché-Luftballons angemalt. Tuâ’n Anh wiederum war viel zu sehr an der Kamera meines Vaters interessiert, also zeigte mein Vater ihm die Bilder die er gemacht hat und wie man überhaupt Bilder macht. Letztendlich setzte Tuâ’n Anh sich ihm sogar auf den Schoß und beide schauten sich gemeinsam die Bilder an. Das war unfassbar süß mit anzusehen und ich glaube mein Vater fand es sehr schade, als Tuâ’n Anh sich dann doch zu uns setzte und mit uns die Luftballons bemalte. Hoa hatte dann auch ihre Geschichte zu Ende gelesen und setzte sich zu uns und malte ein Bild. Das zeigte sie dann meiner Mutter und als diese dann ganz begeistert darauf reagierte, freute sie sich wie ein Honigkuchenpferd. Mr.Vy schwirrte während der gesamten Zeit wie eine fleißige Biene durch den Raum, half den Kindern beim Malen, beim Kneten oder zeigte meinen Eltern ganz Stolz weitere Kunstwerke. Ihn werde ich sicher mindestens genauso vermissen wie die Kinder selbst. Die Zeit mit den Kids zusammen war so schön, dass ich erfolgreich verdrängen konnte, dass es (vorerst!) das letzte Mal sein würde, das wir gemeinsam basteln. Leider war es auch so schön, dass die Zeit wie im Flug verging und es nach gefühlten 5 Minuten schon Zeit zum Mittagessen war. Meine Eltern durften dann gleich dabei helfen, die Kinder die Treppe runter und in den Essenssaal zu führen. Das machten sie sehr gerne und ich glaube, sie wollten deren kleine Hände gar nicht mehr loslassen, sondern sie gleich weiterführen. Zunächst ins Hotel, dann ins Flugzeug und dann nach Deutschland zu uns nach Hause. Doch meine Eltern, sowie auch ich wissen, dass egal wie gerne wir sie mitnehmen würden, alleine schon, damit wir sie nicht so schrecklich vermissen müssen, sind sie hier doch besser aufgehoben. Auf dem Weg zum Essenssaal fing Hoa an mit meiner Mutter herum zu albern. Es nieselte ein wenig, also zog Hoa ihre Jacke über den Kopf, als sie diese dann wieder abnahm „erschreckte“ sie meine Mutter. Sie zuckte also dementsprechend zusammen und tat so, als würde sie sich fürchterlich gruseln. Hoa fand das super lustig und machte es gleich nochmal. Beide mussten sehr lachen und ihm nachhinein sagte meine Mutter auch zu mir, dass sie Hoa außerordentlich freundlich, lustig und hilfsbereit findet. Dem kann ich nur zustimmen.

 

Nicht nur für die Kinder, sondern auch für uns war dann Mittagessenzeit. Wir trafen uns dann mit Veronika und Fr. Hu’o’ng im veganen Restaurant, in dem ich schon vorher (auch mit den Österreicherinnen) Gast gewesen bin. Die Angestellten freuten sich sehr mich wieder zu sehen und nun sogar mit meinen Eltern zusammen (ja, auch hier habe ich sie mindestens 3-mal vorher angekündigt). Als dann Veronika und Fr. Hu’o’ng eintrafen begann gleich eine angeregte Deutsch/Englisch Konversation. Meine Eltern waren beeindruckt von Fr. Hu’o’ngs Arbeit im Heim und von Veronikas Erlebnissen in Vietnam. Ähnlich wie am Abend vorher verstanden sich alle zu gut, so dass wir fast wieder zu spät aufbrachen. Fr. Hu’o’ng musste zurück zum Unterricht und so beschlossen wir anderen 4 noch etwas gemeinsam trinken zu gehen. Glücklicherweise trafen wir auf dem Weg in ein Café noch Jason, einen Kollegen von Veronika, und mit ihm sind wir dann gemeinsam losgezogen. Es fand dann erneut eine interessante Deutsch/Englisch Konversation statt, aber am Ende mussten wir uns dann schweren Herzens verabschieden, denn es gab noch eine (diesmal war auch ich eingeweiht) Abschiedsparty im Heim. Veronika werde ich ebenfalls sehr vermissen, denn sie war eine der ersten Personen, die ich in Vietnam kennen gelernt habe. Sie hat mich damals herum geführt, mir gute Cafés und Shops gezeigt und mit ihr habe ich einige Fahrradtouren unternommen. Es war immer ganz schön mal raus aus der Stadt zu fahren aufs Land raus und die Ruhe dort zu genießen. Jason habe ich zwar erst die Woche vorher kennen gelernt, aber er war mir auf Anhieb sympathisch und ich werde sicher seine entspannte und lustige Art vermissen. Gibt es eigentlich auch mal jemanden den ich nicht vermissen werde?

Nun zur Abschiedsfeier. Das kannte ich ja schon von den Österreicherinnen und wusste wie es ablaufen würde. Mr.Vy war ebenfalls da und machte zunächst mit den Kindern gemeinsam Musik. Doch nicht nur die Jüngeren wollten sich musikalisch zum Ausdruck bringen, also sangen die Älteren ebenfalls zwei Lieder. Ich wusste zwar, dass es mein Abschied werden würde, aber ich konnte bei der ausgelassen Stimmung nicht wirklich traurig sein. Abgesehen von dem Trampolin hatten wir auch Spielzeug mitgebracht, was die Kinder (neugierig, wie sie sind) gleich mal ausprobieren wollten. Sie tasteten ganz genau die Spielzeugautos ab und auch die Gummitiere wurden ganz genau untersucht und als durchaus verwendbares Spielzeug empfunden. Wir haben die Spielsachen dann am Ende hoch in den Kreativraum gebracht, damit sie immer in den Pausen dort damit spielen können. Ich konnte aber sehen, wie So’n sich heimlich einen Spielzeugbagger eingesteckt hat.

Was mich persönlich sehr gerührt hat war, dass die Älteren nicht nur sangen sondern auch alle gemeinsam „Thank you Nora!“ riefen und für mich applaudierten. Dann kamen sie nacheinander zu mir und umarmten mich. Zunächst trauten sich das nur die Mädchen, aber dann wurde auch Minh nach vorne geschoben. Er stand dann etwas hilflos da, weil er nicht so Recht wusste, ob er mich jetzt umarmen sollte oder nicht. Als ich ihn dann sachte umarmte applaudierten sie noch mehr und es wurde viel gelacht. Mr.Vy umarmte mich auch zum Abschied. Er musste leider wieder los, Kunstkurse geben. Obwohl er schon spät dran war, nahm er sich noch die Zeit und verabschiedete sich ebenfalls von meinen Eltern. Mir schenkte er dann noch ein selbst gemaltes Bild (im Ernst, wo soll ich das alles aufhängen?), was mich auch sehr freute. Es wurde noch ganz viele Erinnerungsfotos gemacht, Hände geschüttelt, gelacht, umarmt, versprochen sich wieder zusehen und bedankt. Mir tat am Ende der Mund vom Lächeln weh. Es war also ganz ähnlich wie der Abschied von den Österreicherinnen, nur das es eben diesmal meiner war. Ihr könnt euch aber sicherlich schon denken, warum ich das „vorerst“ so sehr betone, denn wer weiß, vielleicht vielleicht komme ich ja wieder…