„Mir ist langweilig, sterbenslangweilig, mir ist langweilig,
ohne Dich, ohne Dich.“ (die ärzte – Langweilig)
Hallo meine lieben Freunde,
wenn ihr euch fragt, was wir Volontäre den lieben langen Tag machen, dann kann ich eine einfache Antwort geben: wir bereiten den Unterricht vor. Natürlich machen wir nicht nur das, wir kochen ab und zu, gehen zur laundry, putzen oder waschen ab. Außerdem gibt es ab und zu kleine Projekte, denen man sich widmen muss, z.B. funktionierte unser Strom eine Weile nicht. Ansonsten ist hier nicht viel zu tun. Wir sind unter der Woche eigentlich nie in der Stadt, weil es sich nicht lohnen würde, die Zeit zwischen unseren Unterrichtsstunden reicht einfach für einen längeren Ausflug nicht aus. Das ist aber nicht weiter schlimm, da uns das Vorbereiten jede Menge Spaß macht und wir immer wieder auf uns stolz sind, wenn unsere Schüler unsere Aufgaben meistern. So sieht das auch in den Elementary Klassen aus. Glücklicherweise habe ich die letzten Monaten eine der Elementary Klassen mit Masami zusammen unterrichtet und kann diesmal mehr berichten.
Elementary class
Das erste Adjektiv, das mir zu unserer Elementary Klasse einfällt wäre laut. Immer wieder schaut Lotte von ihrer Pre-Intermediate um die Ecke und bittet uns die Schüler zur Ruhe zur bringen. Nur weil unsere Schüler laut sind, heißt das jedoch nicht, dass sie nicht aufpassen. Es ist genau das Gegenteil, sie rufen immer wieder „teacher me, me!“ wenn sie die Antwort geben wollen. Außerdem sind sie sehr schnell mit den Aufgaben fertig und rufen dann „teacher finish, finish!“. Manchmal rufen sie anstatt „teacher“ auch nur die Kurzform „cher“ (Tscha ausgesprochen). Ich dachte am Anfang es handele sich um ein Wort in Khmer, aber ich wurde Besseres belehrt.
Die Elementary zu unterrichten ist gar nicht so einfach. Hier muss man sich schon mehr Aufgaben für die schlauen Köpfe einfallen lassen. Doch trotzdem müssen die Aufgaben einfach gestellt sein, so dass es jeder versteht. Ich denke da oft an meine Schulzeit zurück und überlege, was ich damals im Englischunterricht sehr gemocht habe und was umsetzbar ist. Aus diesen Erinnerungen kommen dann Idee zur Gruppenarbeit, Posterbasteln, Dialoge führen und Theaterspiele. Mit Masami zusammen hatten wir z.B. das Projekt „Throw your garbage away“. Man sieht hier in Kambodscha überall Müll an den Straßen rumliegen und wir müssen auch unsere Schüler ab und zu ermahnen ihren Müll in die Mülleimer zu werfen. Aus diesem Grund wollten wir uns diesem Thema mal detaillierter widmen. Die Schüler durften dann Poster anfertigen, die sie ganz frei gestalten durften. Einige malten wie die Welt aussehen würde, wenn jeder einfach alles auf den Boden werfen würde, wie die Umwelt und die Menschen darunter leiden würden. Andere malten genau das Gegenteil, also müllfreie Straßen, glückliche Gesichter und schöne Landschaften. Zu den Postern durften sie eine kleine Präsentation machen, d.h. sie erklärten der Klasse was man genau auf ihren Postern sehen kann und wieso sie gerade das gemalt haben. Vor einer ganzen Klasse zu stehen und in einer fremden Sprache zu reden ist nicht einfach und obwohl man es in einer Gruppe macht, erfordert es Mut. Ich muss also an dieser Stelle eigentlich gar nicht erwähnen, wie stolz Masami und ich am Ende waren, als sich wirklich jeder Schüler getraut hat etwas über das eigene Poster zu sagen. Das Thema sollte ja dann nicht gleich wieder in Vergessenheit geraten, also ließen wie die Poster laminieren und sie zieren jetzt das Klassenzimmer.
Also ich in meiner Englischunterrichtsvergangenheit gekramt habe, kam mir noch ein weiteres kleines Projekt in den Sinn. Wir haben momentan die Berufe als Thema und ich selbst habe damals ein Ratespiel mit meiner Klasse gemacht. Da konnte sich jeder einen Beruf aussuchen (idealerweise genau der, den man in der Zukunft dann auch machen möchte) und sollte den mit weiteren Klassenkameraden vor der Klasse vorführen. Die Klasse musste dann raten welchen Beruf man verkörperte. Wir hatten damals sogar Requisiten und ich wurde mit meiner Krankenschwesterhaube und dem Spielzeugdoktorkoffer sehr komisch angesehen. Meine Elementary Klasse hat dann praktisch dasselbe auch getan. Ganz besonders hat mir der Dialog von Schülerinnen gefallen. Sie verkörperten eine Lehrerin, eine Architektin und eine Bankmanagerin, die gemeinsam eine Schule bauen möchten. Ihre Idee war, dass die Architektin mit der Lehrerin bespricht in welchem Stockwerk sie dann unterrichten wird und gemeinsam gehen sie zur Bank, um sich für das Bauprojekt Geld zu leihen. Ich finde, sie haben die Aufgabe sehr kreativ umgesetzt und die Klasse hatte keine Probleme die Berufe zu erraten.
Wie bereits erwähnt, werde ich von unserer neuen Volontärkollegin Lucy unterstütz. Sie und zwei weitere Freundinnen arbeiten momentan für SCAO. Allerdings sind die anderen beiden bei SCAO2 untergebracht. Wir sind ganz froh, dass alle aus Irland kommen und kein Wort Deutsch sprechen, so haben wir wieder einen Grund auch miteinander Englisch zu sprechen. Es ist jedoch noch öfters der Fall, dass uns ein Wort nicht einfällt und wir dann zwangsläufig ein kleines Ratespiel mit Lucy spielen. Sie ist zum Glück sehr gut darin und errät schnell, was wir meinen. Außerdem hilft sie mir bei meiner Aussprache und schaut meinen Elementaryschülern ab und zu über die Schulter, wenn ich vorne an der Tafel stehe. Das hilft ihnen und auch mir sehr.
„Du surfst den ganzen Tag schon durch das weltweite Netz“ (die ärzte – ZeiDverschwÄndung)
Es gibt noch eine weitere schöne Neuigkeit, es gibt eine weitere Computerklasse. Ganz viele meiner Elementaryschüler haben Interesse daran gezeigt mit Word, PowerPoint und Excel zu arbeiten. Sie kommen jetzt immer anschließend an den Englischunterricht zu uns zum Volontärhaus. Sie rasen dann immer an mir auf ihren Fahrrädern vorbei, sie können es gar nicht abwarten anzufangen. Obwohl es diese Klasse erst seit kurzem gibt, sind schon einige Schüler mit dem Word Standard Programm durch (das sind 10 verschiedene Aufgaben mit einem kleinen Test am Ende!) und arbeiten jetzt an dem PowerPoint Standard Programm. Ich weiß nicht wieso, aber genau wie bei meiner andere Computerklasse ist auch hier das Singen sehr verbreitet. Während sie also fleißig in die Tasten hauen singen meine Schüler gerne dabei. Glücklicherweise singen sie meistens dasselbe und nicht unterschiedliche Lieder durcheinander. Sie wechseln sich auch mit Englisch und Khmer ab, also verstehe ich auch ein wenig. Wenn dann ein Schüler sich einen Spaß daraus macht mal ganz laut und schief zu singen, schütteln die anderen nur den Kopf uns sagen „Crazy, crazy!“. Es kehrt aber immer bald Ruhe ein, da sich alle doch lieber auf ihre Aufgaben konzentrieren möchten.
Ich kann euch, meine lieben Freunde, gar nicht sagen, wie stolz ich auf die Schüler bin. Sie sind immer mit Begeisterung dabei, meistern auch schwierige Aufgaben, fehlen so gut wie nie und wollen immer wieder Neues lernen. Was will man als Lehrer mehr?