„Ach wie schön das eigentlich doch wär‘,
doch mein Herz das ist so seltsam schwer“ (die ärzte – Will dich zurück)

 

Hallo meine lieben Freunde,

es ist so weit, die Österreicherinnen verlassen mich. Ich habe zwar versucht, die Pässe zu verstecken, sie fest zu binden, sie ein zu sperren und auch sie zu überreden, aber es half alles nichts, sie wollten doch zurück. Das lag aber keinesfalls daran, dass es hier ihnen nicht gefallen hat, nein, nein, nein… Genauso wie ich haben sie die Zeit hier genossen, viel erlebt, viel gelernt und meiner Meinung nach haben sie jede Menge Fortschritte gemacht und sich weiter entwickelt. Anfangs war das Heimweh doch sehr stark und sie haben sich noch nicht so zu Recht gefunden, aber das hat sich dann auch sehr schnell geändert. Natürlich vermisse nicht nur ich die drei, sondern auch die Kinder aus dem Heim, unsere vietnamesischen Freunde, Jürgens Staff und Jürgen mit Familie selbst. Von all denen mussten sie sich dann natürlich auch verabschieden und ich war dann jedes Mal dabei dachte mir dann nur: „hey Nora, in einem Monat ist es bei dir dann auch soweit… wie das wohl wird?“

  1. Abschied

Normalerweise kommt ja das Beste (hier wohl eher das Schlimmste) zum Schluss, aber diesmal haben wir es umgedreht, da ja die Kinder ab der nächsten Woche dann Ferien hatten. Der erste Abschied war also für die Drei dann auch einer der schwersten. Wir organisierten im Voraus eine Abschiedsparty im Heim, bei der dann aber nicht nur die Kinder dabei waren, mit denen wir am meisten was zusammen gemacht haben, sondern viele mehr. Wir verteilten dann Süßigkeiten, Getränke, Umarmungen und Versprechen wieder zu kommen. Es gab dann noch eine kleine Abschiedsrede, die auch von Fr. Hu’o’ng ins Vietnamesische übersetzt wurde. Den Kindern und den Österreicherinnen viel der Abschied gleichermaßen schwer. Das war aber allerdings nur der Anfang.

  1. Abschied

Dann mussten die drei sich ja noch von ihren vietnamesischen Freunden verabschieden. Besonders ans Herz gewachsen sind ihnen Nhung, Nga und Jay. Letzteren würden wir aber nochmal in Hanoi treffen, also verabschiedeten sie sich eigentlich nur von Nhung und Nga. Als wäre das nicht schon schwer genug, haben die uns (ja, mir auch, obwohl ich noch nicht gehe) Abschiedsgeschenke mitgebracht. Nhung hatte für jeden ein kleines Schmuckstück mitgebracht, das in selbst gefalteten Kästchen verstaut war. Sie hat aber nicht jedem das Gleiche mitgebracht, sondern hat sich vorher überlegt, wem was am besten gefallen würde. Lisa bekam also ein Fußkettchen, Camilla eine Kette, Lisa ein Armband und ich Ohrringe. Nga hatte uns schon vorher nach unserer Lieblingsfarbe gefragt und wir ahnten schon, dass wir was bekommen würden, allerdings hätten wir niemals mit so etwas gerechnet. Sie hat für jeden von uns ein Anhänger SELBST genäht. Auf der einen Seite sind unsere vietnamesischen Namen und auf der anderen Seite die vietnamesische Flagge. Das muss ein Haufen Arbeit gewesen sein und wir waren alle sehr gerührt. Obwohl wir wussten, dass einige aus der Gruppe sich lange nicht mehr sehen würden wurde viel gelacht und es war ein richtig schönes Treffen. Am Abend sind wir mit Jay dann noch auf ein Konzert gegangen, das war ganz anders, als alle Konzerte, die ich vorher besucht habe. Das war das erste Mal, dass ich vietnamesische Musik life gehört habe (Jay spielt mit seinen Freunden normalerweise Rockmusik und das auch oft in Englisch). Es hat mir aber sehr gut gefallen und ich hatte das Gefühl, dass auch die Österreicherinnen den Abend genossen und ganz froh waren durch die Musik von ihrem Abschied abgelenkt zu werden.

  1. Abschied

Die letzten Wochen hatte uns immer der Staff von Jürgen mit Essen versorgt, jetzt wollten wir den Spieß aber mal umdrehen und die ganze Truppe mit europäischen, genauer gesagt österreichischen, Spezialitäten verwöhnen. Wir kochten dann zusammen, wobei wir aber nicht ganz verhindern konnten, dass der Staff uns half, aber sie hatten Spaß daran (oder Angst um die Küche, wer weiß…). Für mich war es ein wenig schwierig mitzuhelfen, was diesmal nicht nur an meinen fehlenden Kochkenntnissen, sondern auch an meinen fehlenden Österreichkenntnissen lag. Also Kartoffelpuffer, Nudeln mit Kraut und Sachertorte kenne ich, aber von Palatschinken habe ich zum ersten Mal in meinem Leben gehört und wie die zerschnittenen Klöße hießen, die dann noch mit Ei überbacken wurden, habe ich auch vergessen. Bei dem ganzen Österreichisch wird man ja deppert (das war eins der Worte, die ich mir merken konnte!). Der Staff freute sich aber sehr und besonders die süßen Speisen kamen sehr gut an. Uns freute es sehr, die Gruppe so begeistert zu sehen, da uns ja das Essen auch immer sehr geschmeckt hat. Wir wurden dann auch gleich für den Abend zum Karaoke singen eingeladen. Wer einmal nach Vietnam reist, muss unbedingt mal Karaoke singen. Es gibt hier hunderte von Karaoke Bars und die sind auch immer voll besetzt. Man kann das aber nicht mit dem Karaoke vergleichen, das man so aus Europa kennt. Hier bekommt man einen separaten Raum zugeteilt, in dem ein großes Sofa steht, ein Tisch mit Knabbereien und eben die Karaoke Anlage mit Fernseher. Da unser Vietnamesisch nicht über „xin chào“, „Cảm ơn“ und „một, hai, ba“ hinausgeht, sangen wir in Englisch. Leider ist die Auswahl nicht sehr groß, aber „Barbie Girl“ kannten wir auf jeden Fall alle. Es blieb aber natürlich nicht nur beim Singen, getanzt wurde ebenfalls. Es war ein wirklich cooler Abend und man konnte dabei wenigstens für eine Weile den Abschied vergessen, aber eben nur für eine Weile.

  1. Abschied

Wir haben ja nicht nur vietnamesische Freunde hier, sondern auch eine Freundin aus Australien. Das ist die Englischlehrerin, mit der ich auch schon öfter etwas unternommen und die ich dann auch gleich am Anfang den Österreicherinnen vorgestellt habe. Mit ihr trafen wir uns in einem Café und verbrachten den Nachmittag zusammen. Sie erzählte uns von dem Besuch ihrer Tochter und wir ihr von unserem Karaoke-Erlebnis. Am Ende mussten wir dann aber doch Tschüss sagen und mir kam es so vor, als wäre auch die Australierin ein wenig traurig darüber, dass uns die drei verlassen.

  1. Abschied

Das Abschiednehmen fand irgendwie kein Ende, da wir uns ja auch noch von Jürgen und seiner Familie verabschieden mussten. Das war auch nicht so leicht, immerhin hatten wir ja die letzten Wochen in einem Haus gewohnt und jede Menge zusammen unternommen. Es gab dann am Abend ein gemeinsames Essen mit der ganzen Familie. Das Essen war (wie immer) super lecker und reichlich. Obwohl viele nicht Englisch oder Deutsch konnten, konnten wir uns ganz gut verständigen und es war ein fröhliches Beisammensein.

  1. Abschied

Ja, es geht immer noch weiter, schließlich mussten die Mädchen sich auch von Hai Du’o’ng verabschieden, da es nun nach Ha Long und Hanoi ging. Wir saßen dann gemeinsam in unserem Lieblingscafé am See und ließen nochmal die ganze Zeit Revue passieren. Wir waren uns alle einig, dass die Zeit hier etwas ganz besonderes war und wir werden davon sicher noch unseren Enkelkindern erzählen.

  1. Abschied

In Hanoi ging es dann gleich weiter mit dem Abschiednehmen, diesmal von etwas unglaublich großen und umfangreichen – von dem Jahr 2015. Das Schöne an diesem Abschied war, dass man ja gleich etwas Neues begrüßen kann – das Jahr 2016. Außerdem waren wir nicht alleine unterwegs, mit uns waren noch Jay und gefühlte 200 Millionen andere Menschen um den See in Hanoi versammelt. Ich weiß, dass es nicht so viele waren, aber die Menschenmasse reichte aus, um uns 3 Mal komplett zum Stillstand zu zwingen. Da ging es für ein paar Minuten nicht vorwärts nicht rückwärts, einfach nirgendwo hin. Das Lustige war aber, dass wir in dem ganzen Durcheinander dann doch wieder Bekannte aus Ha Long getroffen haben. Was für ein Zufall. Wie aber bereits erwähnt, war ja Jay dabei und von dem mussten die drei Österreicherinnen am nächsten Tag dann noch verabschieden.

  1. Abschied

Es schein echt gar nicht mehr aufzuhören. Jay ist ebenfalls einer der Volontäre, mit dem wir eine Menge unternommen haben, er war ganz am Anfang bei der Aufräumaktion dabei, dann war er beim Einstudieren des Lieder für Joe dabei, dann natürlich bei der Weihnachtsfeier, dann zwischen drin beim Übersetzen, dann hat er den Kindern beigebracht neue Lieder zu trommeln, dann waren wir mit ihm beim Karaoke, dann auf dem Konzert und letztendlich auch in Hanoi. Er hat uns viele coole Cafés in Hai Du’o’ng gezeigt, hat uns jede Menge seiner Freunde vorgestellt, hat alles stehen und liegen gelassen, wenn wir Zeit hatten, hat uns viele Märkte gezeigt und war immer für uns da, wenn wir Hilfe gebraucht haben. Der Abschied von ihm, war also wirklich alles andere als einfach. Die drei Mädchen versprachen aber über soziale Netzwerke mit ihm in Kontakt zu bleiben und so oft es geht sich bei ihm zu melden. Der aller aller schwerste Abschied kommt jedoch noch. Das war (viele können es sicher schon erraten) der Abschied von mir.

  1. Abschied

Ich habe nun fast ganz 6 Wochen mit Kristina, Lisa und Camilla verbracht. Wir haben in einem Haus gewohnt und mit jeder von ihnen habe ich für mindestens eine Nacht das Zimmer und teilweise auch das Bett geteilt. Viele denken sicher, dass es nicht gut gehen kann, wenn 4 Mädels so auf einem Haufen sitzen, aber es lief viel besser als erwartet. Ich gebe zu bevor ich die drei kennen gelernt habe, habe ich mir durchaus Sorgen gemacht. Was wenn die total zickig sind und nichts mit mir zu tun haben wollen? Was wenn die gar nicht an den Kindern interessiert sind und nur Urlaub machen wollen? Alle diese Sorgen sind Stunde für Stunde weniger geworden uns spätestens nahc dem zweiten Tag waren sie sollständig verschwunden. Dann waren meine Gedanken eher „Was unternehmen wir als nächstes“ oder „Ich bin so froh, dass die da sind“. Wenn ich jetzt alleine mit dem Ebike unterwegs bin, wünsche ich mir jedes Mal meine ausgezeichnete Fahrerin Kristina würde das Steuer übernehmen, jedes Mal wen ich Reis esse (was ja sehr oft vorkommt) denke ich daran, wie gut Lisa sich mit dem Reisessen angefreundet hat und jedes Mal, wenn ich irgendwelche Weihnachtsdekoration sehe, denke ich daran, wie Camilla mir geholfen hat den Weinachtmann im Restaurant zu spielen. Ich vermisse die drei jetzt schon sehr und ich bin sehr froh, dass ich eine große Gruppe von Kindern gleich in meiner Nähe habe, die mich dann wieder aufmuntern können.

Ich wünsche euch Dreien dann noch alles Gute bei eurem weiteren Studium, viel Glück, Erfolg und Gesundheit im Leben und wirklich alles was ihr sonst noch so braucht. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.