„Im Gegensatz zu mir wird er nie sitzen bleiben –
er ist klüger als ich.
Er weiß genau, er ist klüger als ich,
aber trotzdem liebst Du mich.
Denn keiner spielt Gitarre so wie ich.“ (die ärzte – Was hat der Junge doch für Nerven)

 

Hallo meine lieben Freunde,

heute haben wir einen kleinen Ausflug gemacht. Jürgen hat uns die ehemalige Universität Mao Ɖiên gezeigt. Die blieb nur so gut erhalten, weil sich freiwillige Reisbauer aus der Umgebung darum gekümmert haben. Eine sehr gute Entscheidung!

Wenn man den Hof betritt muss an zunächst über eine etwas erhöhte Brücke, denn ihr erinnert euch ja daran, dass schlechte Menschen nicht hohe Stufen aufsteigen können und Wasser reinigend wirkt. Wenn man sich die kleinen verschiedenen Tempel von außen ansieht wirken sie eher unscheinbar und nicht besonders. Man muss sie dafür betreten und man braucht jemanden der sich wenigstens etwas mit der Geschichte auskennt und plötzlich erkennt man dann den unschätzbaren Wert dieser unscheinbaren Tempelchen.

Es beginnt mit zwei großen Statuen, die gleich zu Beginn links und rechts von einem Altar stehen. Beide zeigen einen Phönix, der auf einer Schildkröte steht. Diese Symbole werden sehr oft verwendet, da die Schildkröte für Besonnenheit und Intelligenz steht und der Phönix für die Lebensfreude. Beides ergänzt sich wunderbar und sollte immer zusammen auftreten. Außerdem färbt die Intelligenz und Besonnenheit der Schildkröte ab, wenn man sie unter dem Kinn krault oder sie streichelt. Das haben wir natürlich auch gleich ausprobiert. Ob es was geholfen hat werden wir ja in den nächsten Einträgen sehen :). Diese Statuen sind auf jeden Fall unglaublich wertvoll, da sie zu den wenigen Originalstatuen hier in Vietnam gehören. Die meisten Originale wurden entweder zerstört oder von Ausländern (die eigentlich den Auftrag hatten sie zu zerstören) außerhaöb von Vietnam verkauft und sind jetzt verschollen.

Es werden aber noch mehr Gegensätze symbolisch dargestellt. Wenn man die Brücke überquert hat sind nämlich links und rechts zwei Gebäude. In einem kann man eine riesige Trommel sehen, die an der Decke hängt und wenn man auf sie schlägt gibt es eher einen dunklen, tiefen Ton. In dem Gebäude gegenüber hängt eine riesige Glocke, die eher hell und hoch klingt. Diese gegensätzlichen Töne stehen für das Gute und das Schlechte. In dem Tempel selbst findet man auch auf dem Gebetsteppich eine Klangschale (hoher heller Ton) und ein Holzgefäß (dunkler tiefer Ton), die man während dem Gebet ebenfalls anschlägt. Neben diesen Gegenständen steht auch ein Teller mit 2 Münzen dort, wenn man diese (meistens mit einem professionellen Vorbeter zusammen) in die Höhe wirft, erfüllt sich der eigene Wunsch nur, wenn beide dieselbe Seite oben haben. Das kann dann durchaus eine Weile dauern.

Logischerweise stehen nicht einfach nur die beiden Statuen und der Gebetsteppich in dem Tempel, sondern noch viel mehr. Wie bereits erwähnt handelt es sich um eine ehemalige Universität. Die ist aber nicht so wie die Unis die man so kennt, diese Universität war nur für die Elite und man musste sehr sehr viel lernen, um dort zu bestehen. Wer allerdings dort einen Abschluss geschafft hat, gehörte zu den hochangesehensten Personen in der damaligen Zeit. Viele wurden dann auch Berater des Königs. Ein Student hat ganze 65 Jahre dort verbracht (Ich frage mich wer ihm das finanziert hat). Also Mutter und Vater, ich glaube ich ändere meine Pläne mit nur 6 Jahre studieren nochmal :).

An dieser Universität ist besonders, dass sogar eine Frau hier ihren Abschluss gemacht hat. Also das war so, sie ging zu Schule, wurde bei der Universität angenommen, machte einen hervorragenden Abschluss und wurde Beraterin des Königs und dann erst kam heraus, dass sie eine Frau war. Das Problem war, dass es damals Frauen untersagt war sich auf irgendeine Weise weiter zu bilden, die nichts mit einer Küche oder mit Kindern zu tun hatte und wenn das doch jemand wagte, drohte ihr die Todesstrafe. Nun sollte auch die beste Beraterin des Königs geköpft werden. Glücklicherweise dachte der König dann selbst nochmal nach und änderte das Gesetz so, dass dann auch Frauen zur Schule und zur Universität gehen konnten. Allerdings freut euch nicht zu früh, denn im Laufe der Zeit wurde dieses Gesetz dann wieder aufgehoben. Die Statue der Beraterin ist momentan leider nicht im Tempel, da UNESCO einige der Statuen gerade prüft, um beschließen zu können, ob die ganze Anlage ein Weltkulturerbe werden soll. Schön fände ich das auf jeden Fall.

Einige Bereiche sind auch noch schön mit Porzellan verziert. Damals war es Brauch für einen König extra Porzellangeschirr herzustellen. Wenn dieser König dann aber gestorben ist, brauchte man das Geschirr ja nicht mehr und hat es zunächst zerschlagen und dann für die Verzierung benutzt. Sieht auch sehr schön aus. Zum Glück haben wir zu Hause kein Porzellangeschirr, sonst würde ich meine Zimmertür um dekorieren :).

Es hängt auch ein großes Bild in einem der Gebäude, das die Universität in ihrem früheren Zustand darstellt. Man sieht darauf jede Menge kleine Bambuszelte. In diesen Zelten wurden die Studenten dann geprüft und das ganze 4 Tage lang. Allerdings wussten sie am Morgen noch nicht genau in was, d.h. es hätte Chemie sein können, aber auch Physik oder Geschichte. Der Stress muss enorm gewesen sein, da hilft nur eins – Beten. Zum Glück ist ja der Tempel nicht weit.

Was aber noch herausragender und besonderer ist, ist ein Stein. Naja im Grunde ist es kein einfacher Stein, aber alles der Reihe nach. Man darf auch hier wieder drauf klopfen und man stellt dann fest, dass überall ein anderer Ton entsteht. Das klingt nicht nur ein bisschen anders, sondern ist wirklich ein komplett anderer Ton. Lange Rede kurzer Sinn, es hat auch andere Personen fasziniert und diese fanden dann heraus, dass es sich um ein Meteroitengestein handelt. Dieses Gestein hat einen unschätzbaren Wert. Falls du jetzt auf die Idee kommst, dieses Meteroitengestein einfach mal , sagen wir, auszuleihen und dann für teures Geld zu verkaufen (ja ich gebe zu auf die Idee kam ich auch), dann würdest du nicht einmal bis zum Tor kommen. Es sind mittlerweile Kameras angebracht und innerhalb von Sekunden wäre jemand da und würde dich aufhalten. Abgesehen davon würde dich wahrscheinlich jeder in Vietnam verachten und weder etwas mit dir noch mit deiner ganzen Familie zu tun haben wollen. Die Leute sind hier so nett und freundlich, das würde auch ich selbst für eine Menge Geld nicht verlieren wollen, also hängt das Meteroitengestein immer noch brav an seiner Stelle.

Für uns endete der Tag aber noch lange nicht, wir waren nämlich schon wieder eingeladen. Diesmal hatte uns Nhung eingeladen eine Ausstellung zu besuchen, die ihr Artclub organisiert hat. Diese Ausstellung zeigte aber keine Bilder, die Nhung oder ihre Clubkollegen gemalt hatten, sondern beeinträchtigte Kinder. Wir trafen auch einige von „unseren“ Schützlingen. Die freuten sich mindestens genauso wie wir über das überraschende Wiedersehen. Wieder wurden wir als eine Art „special guest“ in die Mitte genommen und jeder wollte mindestens einen Satz mit uns wechseln. Es gab jedoch auch eine Aufführung. Einige Schüler (darunter auch Nhung) sangen, spielten Musik oder tanzten. Währenddessen saß ich neben einem sehr netten Mädchen, das auch sehr gut Englisch sprach. Neben ihr saß dann direkt ihre Mutter. Diese schob mir während der Aufführung einen Zettel zu, auf dem sie einige Fragen geschrieben hatte, z.B. „Does my daughter speak English very well? Can you correct her mistakes? Do you think she will get a good job?. Ich war davon sehr überrascht und antwortete, dass ihre Tochter sehr gut Englisch spricht, sie sicher überall einen guten Job bekommt und sie sehr stolz auf ihre Tochter sein kann. Daraufhin bedankte die Mutter sich und wünschte mir und meiner Familie noch viel Gesundheit und Glück. Das ließ mich dann wieder an die Studenten in den Bambuszelten denken. Es ist ja nicht nur so, dass die Prüfungen unglaublich schwer sind, die Eltern üben ja noch zusätzlich jede Menge Druck auf die Schüler aus. (Hier vielleicht ein kleines Dankeschön an meine Eltern, die niemals solche Zettel zu irgendwelchen Personen gegeben haben und hatte ich schon erwähnt wie froh ich bin, das hinter mir zu haben?) Ich frage mich wirklich wie man so viel lernen kann und dann noch mit Freunden Zeit verbringen kann. Dadurch habe ich noch mehr verstanden, wie wichtig es unseren vietnamesischen Freunden ist uns zu sehen und mit uns Zeit zu verbringen. Das ist echt unbeschreiblich.