Wir fragen uns oft, warum wir abends immer so müde sind. Dabei passiert an einem normalen Tag gar nicht so viel…
Der Morgen beginnt, falls die Dusche mal wieder nicht funktioniert, mit eiskalten Waschungen mit der Schöpfkelle. Nach dem Frühstück gehen wir ins Ortszentrum. Auf dem Weg machen wir bei unserer Lebensmittelhändlerin an der Ecke halt. Sie begrüßt uns mit einem geschmetterten „Selemat pagi!“. Sie bringt uns täglich neue Worte auf Indonesisch bei, wir dürfen ihren Hund begrüßen und Smalltalk mit den anderen Kunden machen. Im Dorf halten wir einen Minibus an, er fährt uns gemeinsam mit vielen Fahrgästen – darunter viele Raucher- , mit Gemüsesäcken und viel Geschüttel 8 km nach Basam. Von dort laufen wir noch ein Stück zum Garten. Auf dem kurzen Stück werden wir angestaunt, angelacht und ab und zu hält auch mal jemand an, um zu fragen, wo wir hingehen und wer wir sind. Wir plaudern mit Bauern am Wegesrand. Im Garten steht ein Mini-Laster, darauf sitzen Frauen mit gelben Gesichtern: Sonnenschutz-Puder. Wir halten gemeinsam mit den Arbeitern ein Schwätzchen. Überhaupt sind meistens Menschen um uns herum, wir wissen auch nicht immer, wer das alles ist. Dann richten wir uns ein und machen uns an die Arbeit: Chillis pflücken, jäten, hacken, Kompost umsetzen (boah, der stinkt hier), Orangen ausbrechen oder Tomaten ernten. Elena spielt derweile mit Saimara und Jamal. Ab und zu müssen wir trösten, aber in der Regel sind wir mit Eintreffen bei Saimara abgeschrieben. Man hört nur regelmäßig Saimaras Stimmchen „Elena! “ durch den Garten rufen, damit kann man die Kinder meist gut lokalisieren. Zur Mittagszeit essen wir mit den Arbeitern. Für uns wird mittlerweile Essen vor dem Würzen zur Seite gelegt. Es treibt uns trotzdem die Tränen in die Augen. Danach wird geraucht und geredet. Es besteht großes Interesse an unserem Leben in Deutschland. Ob im Winter überhaupt gearbeitet wird in Deutschland? Ob man bei uns nicht heiraten muss, um Kinder zu bekommen? Ob es bei uns auch Korruption gibt? Und Vulkane? Nachmittags wird noch ein bischen gearbeitet, dann fahren wir zurück in die Stadt: die Straße entlang, grüßen, lächeln, Smalltalk. Wir müssen noch auf dem Markt einkaufen. Dort werden wir angesprochen, wie wir heißen, dass Elena hübsch sei, „Hello, Mister“. Der Einkauf ist immer noch spannend, wir haben noch nicht alle Preise im Kopf und treffen immer wieder auf neue Obst- und Gemüsesorten. Zwischendurch werden wir nach freundlicher Frage fotografiert, alleine oder meist mit Indonesiern zusammen. Der fast tägliche Gewitterregen erwischt uns auf dem Markt. Eine Sintflut ergießt sich über alles, der Boden entwickelt sich in Sekundenschnelle in eine eklige, schwarze, müllige Pampe mit riesigen Pfützen. Wir stellen uns unter, die Beine schwarz verspritzt und essen an einem Stand gebratene Nudeln. Nicht scharf zum Glück. Dann laufen wir nach Hause, es tröpfelt nur noch. Zu Hause spielt Elena mit „Däckel“, dem Dackel unserer Gastfamilie, oder sieht ihrem Lieblingsbauarbeiter nebenan beim Arbeiten zu. Oder sie hilft beim Verputzen. Wenn wir dann Glück haben, besuchen uns noch die vier Nachbarmädchen. Nach dem Abendessen hat Jimmy die Idee, noch zu einem Aussichtslokal zu fahren, um zu schauen, ob man nachts die Lava vom Vulkan Sinabung sehen kann. Dort wird für uns das Licht ausgeschaltet, damit wir besser in die Dunkelheit schauen können. Es gibt Ingwertee oder Bier. Ein paar ältere Männer singen und spielen Gitarre.
Als ich Elena ins Bett bringe, schläft sie gleich ein. Ich auch.