„Glaubst du, wir haben Frohsinn mit großen Löffeln gegessen?
Da hast du völlig recht“ (die ärzte – Wir sind die Lustigsten)

 

Hallo meine lieben Freunde,

es ist nicht mehr lange zu unserer Weihnachtsfeier und es gibt noch eine Menge zu erledigen. Da hilft nur eins – beten, ach ne ich meinte Zusammenarbeiten.

Morgens trafen wir uns wieder mit Mr.Vy um den kreativen Teil der Vorbereitung anzupacken. Ich habe bereits Joe erwähnt, dieser nette Australier, der für die Kinder 3500km gelaufen ist. Diese unglaubliche Leistung soll ja auch entsprechend belohnt werden und deshalb bekommt er ein einzigartiges Geschenk von den Kindern (also eigentlich zwei, aber dazu wann anders mehr). Unser Plan war es eine große, roll bare Leinwand mit den Kindern zu bemalen. Allerdings nicht nur zu bemalen, sondern auch noch mit den Fußabdrücken einiger Kinder zu schmücken. Joes gesamte Wanderung fand ja unter dem Namen „Walk the line“ statt und auch das Logo zeigt zwei Füße. Man kann das ganze aber auch symbolisch sehen. Joe half ja auch den Kindern ihren eigenen Weg zu gehen und ich muss an dieser Stelle hinzufügen, das Gehen bei den Kindern nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Viele der Kinder haben sehr spät (Danke Familie Möls!) laufen gelernt.

Die Idee stand also fest. Mr.Vy hatte schon ganze Arbeit geleistet, er hatte eine Leinwand besorgte und hatte die Kinder bereits die Ränder bemalen lassen. Die Kinder durften sich dann frei beschäftigen und Lisa hatte derweil ein Auge auf sie, dass niemand etwas passierte, und spielte mit ihnen (deshalb sieht man sie nicht auf den Bildern). Wir anderen suchten uns nacheinander ein Kind aus und ließen es dann mit bemalten Füßen über die Leinwand laufen. Das hört sich sehr einfach an, aber kennt ihr ein Kind, das nicht an den Füßen kitzelig ist?

Angefangen haben wir mir Tuâ’n Anh. Er war ein wenig skeptisch und noch unsicher, da man mit Farbe an den Füßen durchaus auch etwas rutscht. Mr. Vy, Kristina und Camilla hielten ihn aber an den Händen fest und er schaffte es sicher an das andere Ende der Leinwand. Schon schmückte das erste pink-blaue Fuß Paar die Leinwand. Er konnte sich dann doch nicht das grinsen verkneifen.

Nach ihm war Giang an der Reihe. Als seine Füße mit Orange und Grün bepinselt wurden, musste er schon etwas kichern. Mr.Vy erklärte ihm auch (da es eher helle Farben sind) ganz feste mit den Füßen zu stampfen, so dass die Farbe schön auf der Leinwand zu sehen ist. Giang ist auch immer sehr neugierig, er riecht auch gerne an Sachen, um sie genauer zu erforschen. So war das auch bei der Farbe. Er griff gleich danach und wir mussten ihm dann einen orangenen Punkt von der Nase wischen. Aber anscheinend gefiel ihm der Geruch und ich bin mir sicher er erkannte ihn auch wieder.

Am meisten musste aber So’n lachen (So‘n heißt übrigens auch Farbe). Kristina und Camilla mussten seine Füße richtig fest halten, damit sie dann nicht einen gelben bzw. roten Fußabdruck im Gesicht hatten. Auch das über die Leinwand gehen machte ihm eine Menge Spaß, er konnte mit dem Lachen gar nicht mehr aufhören. Er wollte dann auch gleich wieder laufen, aber die anderen sollten ja auch an die Reihe kommen.

Die nächste war Hoa. Sie stand vorher schon sehr interessiert an der Seite und beäugte unser Vorhaben kritisch. Als Kristina und Camilla ihre Füße dann grün und gelb bemalten lächelte auch sie. Als sie dann über die Leinwand ging freute sie sich noch mehr und wollte danach gleich wieder laufen. Hoa nahm uns eine Menge Arbeit ab. Sie half so rührend und ist einfach so zuckersüß. Als dann Ngân über die Leinwand gelaufen ist und lächelnd schwarz-orangene Fußabdrücke hinterlassen hatte, half Hoa ihr beim Füße waschen, trug sie auf die Matten und zog ihr dann sogar wieder ihre Socken an. Ich habe bereits geschrieben, dass Ngân und So’n „partners in crime“ sind, Hoa und Giang wiederum sind so etwas wie ein „Dream-Team“. Hoa spielte die ganze Zeit mit ihm, nahm ihn in den Arm, führte ihn herum und zeigte ihm sie flauschigsten Kuscheltiere. Also wirklich zucker- zuckersüß!

Am Ende fehlte da nur noch einer – Mr. Vy natürlich. Ich frage mich was Joe denkt, wenn er die großen schwarz-blauen Abdrücke sieht :). Mr. Vys freute sich mindestens genauso sehr wie die Kinder. Ohne ihn hätte die ganze Aktion gar nicht funktioniert. Er ist wirklich unentbehrlich und ich bin sehr froh ihn an unserer Seite zu haben.

Das war jedoch noch nicht alles. Wir haben für die Weihnachtsfeier bereits Herzen und Sterne ausgeschnitten, die jetzt aber nur langweilig Gelb waren. Glücklicherweise wussten die Kinder genau was zu tun war. Sie bemalten sie wunderbar bunt und wir konnten da gar nicht anders, als uns auch ein paar Stifte zu schnappen und dann auch ein paar Sternchen anzumalen. Das machte eine Menge Spaß und besonders Hoa und Ngân malten jede Menge Herzen an. Damit war schon mal ein großes Stück der Arbeit geschafft und es kam einem noch nicht einmal wie Arbeit vor, dafür war es einfach zu lustig.

Nachmittags kauften wir dann noch weitere Sachen für die Weihnachtsfeier und abends trafen wir uns mit den Teenagern aus dem Heim. Die meiste Zeit verbringen wir mit den jüngeren Kindern, da die älteren bereits in die Schule gehen und oft mit Hausaufgaben und Lernen beschäftigt sind. Wir haben jetzt aber auch ein Projekt mit ihnen gestartet. Unser Plan ist es mit ihnen (da sie auch sehr musikalisch sind und u.a. freiwillig einen Musikclub besuchen) ein englisches Lied einzustudieren und dann an der Feier vor zu singen. Die Melodie des Liedes ist wahrscheinlich vielen bekannt, es handelt sich um „Wind of change“ von den scorpions, wir haben aber selbst den Text verändert. Zur Unterstützung kamen Nga, Jay und sogar kurz Mr. Vy vorbei. Wir sangen das Lied zunächst vor und Jay spielte es auf seiner Gitarre. Die Melodie war auch für die Teenager kein Problem, nur der englische Text muss oft wiederholt werden. Ich habe sie ja bereits im Musikclub in Vietnamesisch singen hören und vertraue ihnen ganz, dass sie bis Montag das Lied hinbekommen. Sie selbst waren sehr aufgeregt und es wurde viel gekichert. Was mich von neuem beeindruckte war wie sie den Text aufschrieben. Sie verwenden dafür bereits beschriebenes Papier oder Zeitschriften, da diese ja keiner mehr brauch und man sie einfach bekommt.Dann hat jeder ein Plastikgitter. In diesem Gitter ist jeweils eine Lücke für einen Buchstaben. Dieser wird dann (spiegelverkehrt und von links nach rechts!) mit einer speziellen Nadel in das Papiergedrückt. Es wird nicht gestochen, denn dann gab es ja ein Loch, sondern nur so gedrückt, damit man, wenn man das Papier umdreht kleine Hügelchen spüren kann. Je nachdem wie sie angeordnet sind ergeben sie dann die Buchstaben. Das Ganze schien auf der einen Seite sehr kompliziert zu sein, aber auf der andere Seite schrieben alle so schnell und ohne zu zögern, als wäre es das einfachste auf der Welt. Ich freue mich auf das gemeinsame Üben und hoffe, dass deren Stimmen am Ende meinen schiefen Gesang überdecken 🙂

Erlebnis des Tages

Camilla und ich brachten dann die Gitarre zurück in den Kreativraum und da es bereits dunkel war, konnten wir nur grob die Umrisse der Gegenstände darin erkennen. In dem Moment kam mir in den Sinn, dass es ja den Kindern immer so geht. Während ich mich aber nur 2-3 Schritte in den dunklen Raum traute, stürmen die Kinder oft sehr schnell in den Raum (besonders wenn sie Musik hören). Als eine Art Experiment schloss Camilla dann die Augen und ich führte sie dann, genau wie wir es mit den Kindern machen die Treppe herunter. Oft lassen wir die Kinder auch alleine laufen und laufen klatschend vor ihnen her, so dass sie dann doch den Weg gut finden. Camilla jedoch hatte einige Probleme Abstände abzuschätzen, lief nur ganz langsam und wusste ja auch nicht wann die Stufen anfangen oder enden. Es ist mir ein komplettes Rätsel wie die Kinder das so gut hinbekommen. Vielleicht bringen sie es mir ja mal bei.